Sprachbetrachtung: von Mufflons und Grillen

30. April 2018


Jana, Sommelière im Höngger Coop, aus Leipzig mit dem Herz auf der Zunge, begrüsst mich wie immer freudenstrahlend, als sie mich beim Gestell mit den iberischen Rotweinen entdeckt. Nach dem üblichen Erkundigen nach dem Befinden und was meine Bücher machen, legt Jana los und sprudelt sich ihren Frust von der Seele. Als sie einen Moment innehält, entgegne ich, dass auch meine letzte Woche Horror war. «Auch bei Dir?», meint sie mitfühlend. Ich nicke und begebe mich zur Kasse. Sie folgt mir und kassiert den Terra Boa. «Ich sage Dir…» und klagt mir einen Vorfall aus der Vinothek. «Aber da habe ich etwas gelernt. Ein Kunde hat das mitgekriegt und gesagt, ich solle mich nicht ärgern, der andere sei halt ein Mufflon.» Jana strahlt mich an: «Ich finde das so süss, er ist ein Mufflon. So was sagen wir bei uns nicht.»

Das erinnert mich an die Kölner Werbeassistentin bei Ogilvy. Yvonne fand, dass ich neben der Agenturleiterin Gaby das reinste Zürichdeutsch sprechen würde. Einmal sagte mir Yvonne, wir Schweizer hätten tolle Ausdrücke, sie hätte am Wochenende gehört, wie jemand zu einem anderen sagte, er hätte ein Grillehirni. Sie versuchte dabei möglichst zürcherisch zu klingen, auch wenn das Grillenhirn noch arg kölsch klang: «Du häsch es Grillehirni – ich finde das geil!», lachte Yvonne damals und fragte mich: «Das bedeutet aber nichts nettes, oder?»


 

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